Als Thüringer Verbände und Interessensgemeinschaften im Musikbereich verfolgen wir die in den letzten Tagen anlaufenden Hilfsmaßnahmen seitens des Bundes und der Länder in Zeiten der Corona-Krise. Freie Musiker*innen und Kulturschaffende – ob Jazz- oder Popmusiker, Musikerin im Klassikbereich oder Musikpädagogin und -pädagoge – die in der großen Mehrheit Solo-Selbstständige im und rund um den Kulturbetrieb sind, wurden hart von der aktuellen Krisenlage getroffen. So hart, dass nach dem aktuellen Maßnahmenstand die vielfältige Thüringer Kulturlandschaft auch nachhaltig enormen Schaden nehmen wird. Lebendig wird kulturelles Leben nur durch die engagierten Kreativen und die Vielzahl kleiner Institutionen, Klubs, soziokultureller Zentren, Orchester, uvm. – Sie sind die Bausteine des Musiklandes Thüringen, welches in ruhigeren Zeiten gern und mit Stolz vorgezeigt wird. Musikerinnen sind Berufstätige und verdienen Anerkennung für das kreative und künstlerische Bereichern unserer Gesellschaft. Darüber hinaus muss auch ihr Lebensunterhalt gesichert werden.
Seitens des Bundes und der Länder wurde in den vergangenen Tagen und Wochen massiv in die Erstellung von Programmen investiert, welche wirtschaftliche Schäden und Problemlagen von Unternehmen, und seit kurzem für Thüringen geltend, auch Vereinen und wohltätigen Organisationen, abfangen sollen. Diese Bemühungen sind anzuerkennen und wertzuschätzen, haben sie doch nie dagewesene Quantitäten an Soforthilfen auf den Weg gebracht.
Beim aktuell laufenden Soforthilfe-Programm der Thüringer Aufbaubank ist allerdings festzuhalten, dass insbesondere die tatsächlichen Bedarfe vieler solo-selbstständiger Musiker*innen und Kulturschaffender in Thüringen keine Berücksichtigung finden. Gemäß den neuen Richtlinien zur Soforthilfe dient diese schließlich zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, also ausschließlich für laufende Sach- und unternehmerische Finanzaufwendungen, wie bspw. gewerbliche Mieten, Pacht und Leasingraten. Auch Versicherungsbeiträge werden berücksichtigt, faktische Lebenshaltungskosten sowie Entschädigung für Verdienstausfälle allerdings nicht. Die Ausgestaltung der Förderung geht damit an der Lebens- und Berufsrealität der Akteur*innen im Musik- und Kulturbereich vorbei.
So haben freiberufliche Musiker*innen in der Regel weder geleaste Firmenfahrzeuge, noch Büroräume oder Ladengeschäfte angemietet, sondern unterrichten in den Räumlichkeiten von Musikschulen, oder arbeiten im Homeoffice. Die zentralen Einnahmequellen der Musiker*innen, nämlich Konzerte und Unterricht, sind abgesagt. Insbesondere Musiker*innen, Honorarkräfte der Thüringer Musik- und Hochschulen und andere freiberuflich Tätige im Musikbereich stehen seit Beginn der Coronakrise vor gut vier Wochen vor dem individuellen finanziellen Ruin.
Immer öfter erreichen uns Stimmen der Betroffenen, die Erfahrungen mit der Beantragung der Soforthilfen gemacht haben und sich in dieser Berücksichtigung nicht wiederfinden. Sie fürchten um ihre mühevoll und mit Leidenschaft aufgebaute berufliche Existenz im Kulturbereich. Die bereits vor Corona in den vergangenen Jahren zunehmend prekären und existenzbedrohlich niedrigen Honorarsätze erlaubten ohnehin keinerlei Möglichkeiten zum Aufbau finanzieller Rücklagen, die nun einen Total-Wegfall der einzigen Einkommensquellen überbrücken könnten.
Da eine Förderung durch die bisher etablierte Corona-Soforthilfe nicht zufriedenstellend in Frage kommt, werden die Solo-Selbstständigen auf die Grundsicherung verwiesen. Sicherlich fängt die Grundsicherung erste Nöte ab, kann aber für an sich berufstätige Kulturschaffende keine befriedigende Lösung sein.
Wir schließen uns aus Perspektive der Musiker*innen im Freistaat Thüringen der Stellungnahme der Gewerkschaft ver.di an, die dringende Nachbesserungen für Solo-Selbstständige fordert: Entschädigungen für Honorarausfälle aufgrund der Covid-19-Pandemie sollten dringend bei einer staatlichen und freistaatlichen Hilfe berücksichtigt werden, damit selbstständige Kulturschaffende in Thüringen überhaupt die Möglichkeit bekommen, ihre Existenzbedrohung abzufedern und so ihren dadurch komplett wegfallenden Lebensunterhalt zumindest teilweise erhalten zu können.
Weiterhin unterstützen wir den Aufruf des Deutschen Musikrats, der Bund und Länder auffordert, den Beschluss der Wirtschaftsministerkonferenz flächendeckend umzusetzen, nachdem ein monatlicher Pauschalbetrag für Solo-Selbstständige ermöglicht werden sollte. Nur dieser Betrag kann die massiven Umsatzeinbrüche für selbstständige Kulturschaffende auffangen.
Wir als Thüringer Musikverbände appellieren an die zuständigen Stellen in der Politik, die engagierten freien Akteur*innen der Musiklandschaft des Freistaates nicht aus dem Blick zu verlieren und auf diese Nachbesserungen der etablierten Programme hinzuwirken.
Die vertretenden Vorstände und Geschäftsführer*innen von
LAG Songkultur Thüringen e.V.
LAG Jazz Thüringen e.V. + Jazzmeile Thüringen
Thüringer Landesverband des Deutschen Tonkünstlerverbandes e.V.
Titelbild: Simon Noh on Unsplah